Wandern im Wald erfolgt auf eigene Gefahr

Wandeweg Wald Natur

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 21.09.2023 (VI ZR 357/21) eine Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich des sogenannten „Harzer-Hexen-Stieg-Urteils“ des Oberlandesgerichts Naumburg zurückgewiesen. Das Wandern im Wald erfolgt im Harz auf eigene Gefahr, urteilte der BGH. Damit ist das Urteil jetzt rechtskräftig. Einem Kläger, der beim Wandern auf dem touristisch beworbenen „Harzer-Hexen-Stieg“ im Jahr 2018 von einem umstürzenden Baum schwer verletzt und seitdem querschnittsgelähmt ist, steht kein Schadensersatz zu. Der Mann forderte unter anderem von der Stadt Thale mindestens 200.000 Euro Schmerzensgeld.

Der Unfall ereignete sich auf einem Waldgrundstück der Stadt Thale. Der Verletzte war der Auffassung, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt habe. Der Baum sei deutlich erkennbar abgestorben gewesen und wäre bei der Durchführung einer Baumschau sofort als Gefährdungsbaum ersichtlich gewesen und gefällt worden, sodass es nicht zu dem Unfall gekommen wäre.

Das OLG Naumburg hatte im Dezember 2020 bereits ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Magdeburg bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dem Kläger stehe kein Schadensersatz zu, weil sich mit dem Umsturz des Baumes eine „waldtypische“ Gefahr verwirklicht habe, für die die beklagte Stadt auch auf Wanderwegen nicht haftet (2 U 66/20). Hinsichtlich der daraufhin eingereichten Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof am 21. September entschieden, eine Revision nicht zuzulassen.

Der Mann hatte zunächst vor dem Landgericht Magdeburg geklagt und von der Stadt Thale Schmerzensgeld verlangt. Das Landgericht Magdeburg urteilte im März 2020 in einem Zivilverfahren, dass Wanderer im Wald bestimmte Risiken hinnehmen müssen. Es wies die Klage aufgrund der geltenden Gesetzeslage (§4 und §22 Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt) und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 2. Oktober 2012 – VI ZR 311/11) ab.

In einer Mitteilung des Landgerichts Magdeburg heißt es: „Der Waldbesucher, der auf eigene Gefahr Waldwege betritt, kann grundsätzlich nicht erwarten, dass der Waldbesitzer Sicherungsmaßnahmen gegen waldtypische Gefahren ergreift. Mit waldtypischen Gefahren muss der Waldbesucher auf Waldwegen rechnen. Er ist primär selbst für seine Sicherheit verantwortlich. Risiken, die ein freies Bewegen in der Natur mit sich bringt, gehört grundsätzlich zum entschädigungslos hinzunehmenden allgemeinen Lebensrisiko. Dementsprechend können und müssen auf Wanderwegen nicht sämtliche Gefahren ausgeschlossen werden. Würde man eine völlige Gefahrlosigkeit der Wanderwege fordern, müsste man auf reizvolle Routen im Bergland ebenso wie auf einsame Waldpfade im Flachland aus Haftungsgründen verzichten. Auch nach der gesetzlichen Risikoverteilung aus § 22 LWaldG LSA haftet selbst auf stark frequentierten und touristisch beworbenen Waldwegen der Waldbesitzer nicht für waldtypische Gefahren.“ (10 O 701/19).

Auch nach dem Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt haftet demnach selbst auf stark genutzten und touristisch beworbenen Waldwegen der Waldbesitzer nicht für waldtypische Gefahren. (Verwendete Quellen: Holz-Zentralblatt, Nachrichtenagentur afp)

Anmerkung:

Das Urteil ist zu begrüßen. Es hat für alle touristisch beworbenen Wanderwege eine hohe Bedeutung, da es zeigt, dass diese Wanderwege juristisch wie andere Wanderwege behandelt werden. Das Urteil schafft Rechtssicherheit dahingehend, dass für touristisch beworbene Wanderwege keine besonderen Auflagen gelten und für die Waldbesitzer und Eigentümer keine erhöhten Pflichten erwachsen.

14.12.2023